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FRIEDRICH HEER

Meister Eckhart

From Eckhart, Predigten und Schriften, ausgewaehlt und eingeleitet von Fr. Heer, Frankfurt/M-Hamburg 1956


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THE GREEK OLD TESTAMENT (SEPTUAGINT)

THE NEW TESTAMENT

PLOTINUS

DIONYSIUS THE AREOPAGITE

MAXIMUS CONFESSOR

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Time and Creation in Gregory of Nyssa and Meister Eckhart
Time and Creation
In Gregory of Nyssa and
Meister Eckhart

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III. Der Seelsorger

 

 

"Gnade ist ein Einwohnen und ein Mitwohnen der Seele in Gott." Das ist der katholische Ausgangspunkt Eckharts: sein Gnadenerlebnis, seine Gnadenerfahrung.Gottes Gnade, Gottes Kraft ist überall, und sie wird allen Menschen, groß und klein,angeboten. Durch Gottes Gnade kann jedermann Sohn Gottes werden. "Sohn ist, wer liebt." (Eckhart leitet filius, lat. "Sohn", von filia, griech. "Liebe", ab.) Durch Gnade sind wir Gottes Freunde, Gottes Sippengenossen. Eckhart weiß sich als "Lebemeister"; immer wieder wendet er sich gegen jene Theologen, die nur Lesemeister sind; er will seine Freunde lehren, richtig zu leben. Leben ist alles. Leben ist aber nur in Gott, aus Gott. Gott ist keine Idee, ist keine Ideologie; nüchtern stellt Eckhart, in seine Zeit blickend, fest: viele Menschen haben nur einen "gedachten Gott". Gott ist wenig mehr als ihre Einbildung; wenn die "frommen Gedanken", das, was man sich da so denkt von Gott und über Gott vergehen, dann vergeht auch Gott. Er löst sich auf wie ein Nebel. Also will Eckhart seinen Freunden zeigen: Gott ist Gegenwart; Gott ist überall. Du kannst ihn in allen Dingen finden vor allem aber in deiner eigenen Brust, in deiner Seele. Der Seelsorger Eckhart ist ständig bemüht, seine Mitmenschen, Brüder und Schwestern, zu entkrampfen, ihnen die Angst zu nehmen: die Angst vor der Verfolgung, die Angst vor Tod, Sünde, Leid, Hölle. Die Angst vor Gott. Alles, was ist, ist gut. Das Sein ist Gott, das Sein ist gut; "alle Dinge sind gut": Eckhart appelliert, wie sein großer Schüler im frühen 19. Jahrhundert, wie Hegel, an das archaische Urvertrauen, das in jedem Volk, in jedem Menschen auf dem Grunde der Seele und des Bewußtseins ruht und darauf wartet, mobilisiert zu werden. Das gute Sein, das gute Ganze, schließt auch das Böse und die Sünde ein. Eckhart beruft sich auf Augustin (dessen schärfster Antipode er ist), auf Beda, auf Thomas , von Aquin: die Sünde dient dem Sein, dient Gott, sie ist der notwendige Schatten, ohne den das Licht nicht zum Strahlen kommt, sie ist das Gewitter, in dem die Saat reift. Eckharts berühmtes und bereits in seiner Zeit viel umstrittenes Lob der Sünde verfolgt vorerst pädagogische Zwecke: der konkrete Mensch, der Sünder, soll nicht verzweifeln, sondern mitten durch seine Sünde hindurch zu Gott gehen: Viele der gewagtesten Worte Eckhasts und viele seiner kostbaren "Vergleiche", in denen er das Volk direkt anspricht in seinem Leben er erzählt ihm "Geschichten", uralte Mären, Parabeln und Gleichnisse -, entstammen seinem Bemühen, dem gequälten "ebenkristen", dem Nächsten, das Vertrauen in den guten Sinn des Lebens zu schaffen. Das Vertrauen, das diese Menschen einer Zwischenzeit, ohne Glauben an eine heilvolle Ordnung in Staat, Kirche, Gesellschaft, verloren haben. Eckhart weiß sehr genau, daß diese große Krise des Vertrauens bereits in eine Tiefe hinabreicht, in der nicht nur der Kaiser und Fürst, der Papst und Bischof, der Priester und Mönch in Frage gestellt und immer öfter als unglaubwürdig befunden werden, sondern Gott selbst. Ist nicht alle Welt voller Teufel? Mit den Gedanken der Stoa führt Eckhart seine Freunde zunächst zum Gleichmut: "Unbeweglich stehen"; "Nichts begehren"; "Um nichts bitten". Vom Himmel nichts begehren und die Hölle nicht fürchten. (Das ist ein großes Thema, gerade der spätmittelalterlichen Mystik, es findet sich bei Jakobone da Todi, in der "Theologia Teutsch", bei Gerson.) Die Hölle nicht Fürchten? Ekhart stimmt hier in den großen Chor ein, der über Tauler heraufführt zu Fénelon, zu Therese von Lisieux, zu dem katholischen Sozialisten  Charles Peguy (für den dies zum Herzkern seines Denkens wird), zu Bloy, Bernanos, zur Gegenwart: fürden Bruder, für die Brüder ist der wahrhaft Fromme bereit selbst die Hölle auf sich zu nehmen. Die irdische Hölle, das, was die Menschen sich selbst bereiten in unmenschlichen gesellschaftlichen und inneren Verhältnissen; und die ewige Hölle, die im Abgrund, unter allen Dingen, lauert. "Gott gibt auch dann, wen er nicht gibt, etwa wenn ein Mensch um Gottes willen auf das zu verzichten weiß,  was er zu empfangen wünscht, gemäß jenem Worte: ich möchte selbst von Christus verbannt sein für meine Brüder" (Kommentar zum Johannes-Evangelium, lat. Werke III,67, unter Berufung auf Röm. 9,3). Eckhart berührt hier zwei mächtige Motive seiner Seelsorgekinder: ihre Höllenangst und ihr Heischen nach Heil. Wir kennen zur Genüge das Verlangen nach Sicherung im Jenseits, das im Denken und Leben des mittelalterlichen Menschen eine so ungeheure Rolle spielt.

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