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FRIEDRICH HEER

Meister Eckhart

From Eckhart, Predigten und Schriften, ausgewaehlt und eingeleitet von Fr. Heer, Frankfurt/M-Hamburg 1956


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Time and Creation in Gregory of Nyssa and Meister Eckhart
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In Gregory of Nyssa and
Meister Eckhart

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Der Einfluß, den die bis zur Siedehitze erregten Gemüter dieser eingekreisten Frommen auf ihren Prediger ausüben mußten, der Sog, der von ihnen ausging, kann gar nicht hoch genug ingeschätzt werden. Immer wieder entluden sich ja furchtbare Gewitter über ihre Häupter, trafen Freunde und Verwandte mit tödlichem Strahl. Eckharts Predigten sind umflammt von Scheiterhaufen und umwogt von den Wellen des Rheins, in dem "Ketzer" ertränkt werden, Männer, Kinder, und immer wieder Frauen. Der Kölner Erzbischof Heinrich von Virneburg, der den Prozeß gegen Eckhart aufzieht, zuerst io Köln, dann in Avignon, begann seine Regierungstätigkeit in Köln mit der Verbrennung und mit dem Ertränken von Begharden im Rhein. 1290, 1292, 1306 sind Hauptwellen der Verfolgung dieser Brüder und Schwestern, die in der Welt ein gottinniges Leben führen wollen (in Basel, Colmar, Aschaffenburg, Köln). Der Kölner Erzbischof greift dabei die Dominikaner und Franziskaner direkt an, er sieht in ihnen, in ihren Predigern die Quelle der freireligiösen Bewegungen, die über die zeitverhaftete Kirchlichkeit hinausdrängen. 1317 werden in Straßburg, 1322 wieder in Köln Begharden und Brüder vom Freien Geist verbrannt und ertränkt, die offen bekennen, in vergröberter und volkhafter Form, was Eckhart täglich predigt. 1306 tadelt bereits das Generalkapitel der Dominikaner die Tertiaren, die in der Welt lebenden Drittordensbrüder des Ordens, und ermahnt die Priore in Deutschland und Sachsen (Eckhart war Leiter der neuerrichteten Ordensprovinz Sachsen, die sich von den Niederlanden bis Livland erstreckte und 51 Männerund 9 Frauenklöster umfaßte): sie trügen Unruhe ins Volk. Der Dominikanerorden in Deutschland erscheint selbst als Herd der Unruhe, und wird, wie es bei einer so jungen und rasch ausgreifenden Bewegung gar nicht anders denkbar war, von mannigfachen inneren Auseinandersetzungen erschüttert. Auch in seinem Orden ist Eckhart ein Gipfel der revolutionären Intelligenz, der viele der denkmachtigsten Köpfe des Ordens angehören nicht zuletzt der Mann, der als erster mit der kirchlichen Untersuchung gegen ihn beauftragt wird: Nikolaus von Straßburg. Dieser Dominikaner ringt mit dem Kölner Erzbischof um die Gerichtsbarkeit über Eckhart. Er unterliegt, weil hinter dem "Fall Eckhart" eben nicht nur ein Einzelner steht, der zum Schweigen gebracht werden soll, sondern eine weitverzweigte Bewegung. 1325 werden auf dem Generalkapitel der Dominikaner in Venedig Klagen vorgebracht wider deutsche Prediger des Ordens, die das Volk zu Irrlehren verführten. Nennen wir hier wenigstens einige der Schüler und Freunde Meister Eckharts, meistens auch Ordensgenossen, die seine Lehren und Überzeugungen teilen, bezeugen und hier mitbetroffen erscheinen (auch wenn sie später wirken, trifft sie noch die Verfolgung): Meister Giselher von Slatheim, Meister Helwig von Gelmar, Kraft von Boyberg, Johann Franke (Franko) von Köln, Johannes von Sterngassen (Korngirn, genannt nach der Sterngasse, der Kölner Straße seines Vaterhauses, Hausgenosse Eckharts und wahrscheinlich auch sein unmittelbarer Amtsnachfolger in Straßburg und Köln), der jüngere Eckhart (genannt von Gründig); dannTauler, Seuse, Ruysbroek. Diese revolutionäre Intelligenz in seinem Orden und darüber hinaus in der jungen Theologie seiner Zeit (es ist wahrhaftig eine théologie nouvelle, in Grundanliegen verwandt mit der "neuen Theologie" der jungen französischen Dominikaner und Jesuiten um 1950) wirkt mindestens ebenso stark ein auf Eckhart wie auf das Volk, auf die Ordensschwestern, die "Brüder" und "Schwestern", die ein  gottseliges Leben suchen. Suchen diese zuletzt Genannten bei Eckhart Trost für ihr gepeinigtes Leben, Trost im Leid und in der Verfolgung, Trost im Gemüt und Herzen, so sucht die revolutionäre Intelligenz Trost im Geist. Ihr Geist, ihr Denken ist unbefriedigt durch die Formeln der älteren Theologie; sie vermögen mit deren statischen Begriffen Gott, die Wirklichkeit nicht mehr in den Griff zu bekommen. Gott, die Gottheit, ist größer als dieses Denken. Gott ist Geist; also muß der Geist des Menschen sich so sehr weiten, daß er Gott-Geist vernehmen kann. So fallt Eckhart von zwei Seiten her eine riesenhafte Aufgabe zu: Tröster im Geist, Tröster im Herzen, Tröster in der Verfolgung beider soll er sein. Die innige, untrennbare Verbindung von Spekulation und Seelsorge in seinem Werk, in seinem ganzen Denken und Schaffen kommt von daher. Eckhart, der Seelsorger, und Eckhart, der Spekulator, der in die tiefsten Tiefen der Gottheit schauen will, sind eine Person. Die ihm eigentümliche Mächtigkeit seiner Sprache und die ihm eigentümliche Fragwürdigkeit seines Denkens beruhen auf dieser Mischung von zwei großen Anliegen, die kaum jemals in Einem aufbereitet, aufgearbeitet werden können. Sauberes, reines Denken fordert Härte, Selbstzucht, strengste Disziplin vom Denker und den Mit-Denkenden. Das Herz aber sucht Milde, Weichheit, Wärme, Trost. Eckhart will beides vereinen: er will stahlharter Denker sein, der rücksichtslos die bunte Welt zurückdenkt in den Einen, reinen Begriff, und er weiß sich als Tröster berufen bekümmerter Herzen.

 

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