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FRIEDRICH HEER

Meister Eckhart

From Eckhart, Predigten und Schriften, ausgewaehlt und eingeleitet von Fr. Heer, Frankfurt/M-Hamburg 1956


PLATO

ARISTOTLE

THE GREEK OLD TESTAMENT (SEPTUAGINT)

THE NEW TESTAMENT

PLOTINUS

DIONYSIUS THE AREOPAGITE

MAXIMUS CONFESSOR

SYMEON THE NEW THEOLOGIAN

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Time and Creation in Gregory of Nyssa and Meister Eckhart
Time and Creation
In Gregory of Nyssa and
Meister Eckhart

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Hier drängt sich nun naturgemäß die Frage nach Eckharts "Pantheismus" vor. Das "Nichts", die "nackte Gottheit", die "Wüste der Gottheit" ist ja die Fülle des Seins; als solche sind alle Dinge. Menschen, Kreaturen in ihrem "Wesen" in ihr, leben und weben aus ihr, werden aus ihrem Schoß entlassen und kehren wieder in ihn zurück. Eckhart ist nicht nur Schüler Plotins und des Proklus, sondern auch des Chartreser neupla­tonischen Pantheismus. Das ist wichtig: es geht hier also nicht nur um Anempfindungen in Wort und Gedanke an uralte Ideen und Denkmotive, sondern Eckhart steht in direkter un­mittelbarer Beziehung, wohl seit seiner ersten Pariser Lehr­tätigkeit, mit der großen Bewegung um Chartres, die im 12. Jahrhundert ihren ersten Höhepunkt erreicht und als eine po­litische, kirchenpolitische und universitätspolitische Bewegung zu Lebzeiten des Thomas und Eckhart weite Wellen schlägt, nicht zuletzt in den Kämpfen zwischen der weltlichen philo­sophischen Fakultät der Pariser "Artisten", in der der "linke" pantheistische Aristotelismus und Averroismus seine Heim­statt hat, und der Orthodoxie der älteren Theologen. Eck­hart schreibt in einer Pariser Predigt zu Ehren des heüigen Augustin (!) einen Kommentar des Clarenbaldus von Arras, eines Repräsentanten dieses Chartreser neuplatonischen Pantheismus, zum Werk des Boethius über die Trinität wörtlich aus (lat. Werke V, 88). Eckhart ruht nun, wie schon eine Jugendschrift deutlich zeigt, gleichzeitig sehr stark auf Thomas von Aquin (Tractatus super oratione dominica, ed. Seeberg, Lat. Werke V, 163 ff.), dem selbst nicht selten der Vorwurf gemacht wird, bei ihm liege ein "künstlich zurückgehaltener Pantheismus vor, der nur formal umgedeutet wird" (Ebeling). Selbst der katholische Theologe Otto Karrer bekennt: "Es sind nicht die schlechtesten Denker - auch Augustin und Thomas gehören dazu -, deren Spekulation man Pantheismus vorgeworfen hat." "Man versuche es - ich wiederhole hier einen Gedanken des gelehrten Theologen J. Bach  (M. Eckehart, Wien 1864) -, mit der realen Immanenz Gottes in der Welt (oder, wie die Scholastiker sagen, mit der Allgegenwart Gottes per essentiam) Ernst zu machen! Man versuche es, die Lehren des Christentums von dem Einwohnen Gottes in der Welt und insbesondere in der begnadeten Seele vollständig durchzudenken und in einen spekulativen Ausdruck zu fassen." In der Verteidigung seines Ordensgenossen Thomas gegen den Franziskaner Duns Scotus nimmt nun Eckhart immer mehr neuplatonische Argumente in sein Werk hinein und radikalisiert dessen Ausgangsüberzeugung "esse est deus", "das Sein ist Gott" und "Gott ist das Sein": "Alles Sein ist von Gott und in Gott (esse omne a deo et in deo est)." "Gott ist der Umgreifende, das Sein und das Nichts, Gott ist alles in Allem." Unwillkürlich denkt man da an Hegel und an die Pantheismus-Diskussion um ihn, aber auch an den Atheismus-Streit um Fichte! - "Alles in Gott ist Gott selbst" - "was aber in Gott ist, das ist Gott". - Also gilt auch: "Der Mensch in Gott ist Gott" (homo in deo deus est).  

In eben dem Moment, in dem das Stichwort "Mensch"fällt, wird der Sinn des eckhartischen "Pantheismus" und seiner ganzen mönchischen und neuplatonischen Spekulationen, all dieser Umwege und bisweilen auch Abwege klar: es geht Eckhart in seinem hochgemuten Spiritualismus (ähnlich wie Spinoza, dem oft Mißverstandenen, mit dem ihn tiefe gedankliche und innere Übereinstimmungen ebenso verbinden wie die gemeinsame Grundlage: Maimonides!) nicht um die Vermenschlichung Gottes, sondern um die Vergottung des Menschen. Die ungeheuren Anstrengungen, die Eckhart in seinem Denken auf sich nimmt, und die nicht selten zu Überforderungen führen, gelten letztlich dem Freimachen des Weges: in Gott hinein, in die Tiefen der Gottheit soll und kann der Mensch gelangen. Als Wegbereiter des Menschen erfährt und erfüllt Meister Eckhart seine Sendung, in seiner Zeit und weit über diese hinaus.

 

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