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FRIEDRICH HEER

Meister Eckhart

From Eckhart, Predigten und Schriften, ausgewaehlt und eingeleitet von Fr. Heer, Frankfurt/M-Hamburg 1956


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Time and Creation in Gregory of Nyssa and Meister Eckhart
Time and Creation
In Gregory of Nyssa and
Meister Eckhart

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Relativ einfach sind Eckharts Worte und Wortfindungen noch, wenn es sich um Formen der "Abenderkenntnis" handelt (cognitio vespertina und cognitio matutina sind ursprünglich Prägungen des Augustinus). Eckhart versteht darunter niedere Erkenntnisformen, die das Kreatürliche in sich selbst, in seinem An-sich-Sein festhalten. Eckhart strebt aber immer seinem Hochziel zu, der "Morgenerkenntnis", der höchsten Erkenntnisweise; mit ihr sieht man die Kreatur in Gott. Da ist alles "ein" und alles "Eins"; es leuchtet wohl ein, daß diese Überzeugung von der absoluten Einheit von Gott und Geschöpf in der Tiefe der Gottheit, die Einheit im Seelengrund, in dem Gottes Grund und Seelengrund eins sind, nicht gerade dazu anleitet, zu distinguieren, sauber zu trennen, wohl aber zu verschmelzen, alle Grenzen im Wort und Begriff aufzuheben, zumindest zu überspielen. "Ein" ist bei Eckhart demnach auch sowohl das Innerste der Gottheit, das innerste Wesen des Menschen, das Band, das Gott und Seele verbindet. "Einicheit" (man vergleiche das deutsch-idealistische, dann nationalistische Denken des 19. und 20. Jahrhunderts um die "deutsche Einheit"!) ist: Einheit der göttlichen Natur, Einheit von Gott und Seele; in Gott werden alle Dinge zu Gott verwandelt, alle ungleichen Dinge werden in Gott gleich; "diu einicheit ist der underscheid und der underscheid ist diu einicheit". Alles, was man Hegel vorwerfen konnte, gilt hier bereits für Eckhart... Es ist verständlich und in jeder Weise berechtigt, wenn Eckhart, im Überschwang des Herzens und der Sprache, nicht genug Worte finden und erfinden kann, um den Ort der Seele, in dem die Gottgeburt geschieht, zu benennen, mit Namen zu umkreisen: Grund, Etwas, Fünklein, Geist, Vernunft, Bürglein, Licht, Feuer, Brand, Kraft, das kleine Ganster, Wesen, oberster Teil, der Mann in der Seele, Hütte, aliquid, essentia animae, apex mentis, scintilla, synteresis wird dieser Ort genannt. Problematisch wird der Vollzug seines Sprachdenkens aber dadurch, daß er, ohne zu unterscheiden, bewußt und unbewußt dieselben Worte dazu verwendet, logische, immanent-irdische Denkvorgänge und den  innergöttlichen Schöpfungsund Schaffensprozeß anzusagen, wenn er dasselbe Wort bezieht als Mittel des täglichen Haushaltes, der theologischen und philosophischen Spekulation und als Selbstdarstellung der innergöttlichen Produktion. Das gilt für "das wort" selbst, das die zweite trinitarische Person, den Logos, Christus, die Person des Menschen und vielerlei anderes ansagen kann. "Grund" (begin, quelle, ursprunc, wurtzel), "Erkenntnis", "Geist", "Vernunft", "Wesen"  (gleichzeitig das esse absolutum, esse participans, esse inhaerens der scholastischen Philosophie umfangend!): vielschichtig, in ganz verschiedenen Dimensionen des Denkens, der Wirklichkeit, der Gottheit, des Menschen, der Dingwelt behaust sind diese und viele andere Worte und "Begriffe" sie ermöglichen es Eckhart, Kommunikationen zwischen dem Ein und All der Gottheit und allem Geschaffenen und Ungeschaffenen herzustellen, fordern aber auch zu vielen Mißdeutungen und zu gefährlichen Folgerungen heraus. Wenn ein spätmittelalterliches Gutachten über die Gefährlichkeit der Bibellektüre (in einem Wiener Codex des 15. Jahrhunderts, cod. Vindob. 4287) direkt Eckharts Predigten wegen ihrer Sprache als besonders gefährlich für den Laien anspricht, dann klingt hier noch ein echter Schrecken von Zeitgenossen Eckharts nach, die in Eckharts Sprache einen Orkan vernahmen, der alle Hütten, Häuser und Dome des Menschen wegriß. Einer der Mitherausgeber der deutschen Eckhart-Ausgabe, Konrad Weiß, hält fest: Eckharts ganze Predigt ist ein unermüdliches Sichauflehnen gegen die Grenzen der Sprache, gegen den unvollkommenen Zustand der menschlichen Kräfte und ein immer erneuter Versuch, diese zu sprengen und zur wahrhaften Entwicklung des göttlichen Samens im Menschen zu gelangen. Konrad Weiß empfindet "Bewunderung und Grauen" vor diesem Versuch, Eines in Allem und Alles in Einem zu denken und auszusagen dieselbe Empfindung wie der verdienstvolle Forscher im 20. Jahrhundert haben jene Zeitgenossen Eckharts empfunden, die ihm nicht zu folgen vermochten in die Ekstasen seines Überschwanges. Eckhart kommt vom Sprachraum der Scholastik her, sein Sprachraum ist aber nicht mehr der scholastische (Scholastik heißt Maß, Grenze, Unterscheidung diese allein gestatten Tradition, Schule, Erziehung, verbindliches Denken und Sprechen). Hierbei tritt nicht nur eine "Akzentverlagerung vom Aristokratisch-Höfischen ins Demokratisch-Bürgerliche" ein (Theophora Schneider): "Der neue Sprachraum ist die Gott suchende, in Gott drängende menschliche Seele" (K. Berger). In diesem Sprachraum haben die "Häuser" keinen Platz, die Kirchen, Staaten, Gesellschaftsordnungen, und deren notwendig statische Begriffe und Worte. In diesem Sprachraum der Seele gibt es nur ein Fließen, ein Ausfließen aus Gott, und ein Wiedereinfließen in Gott hinein. "Fließen", "eingießen", "schmelzen", "einen", "wandeln", "formen", "bilden", "geisten", "wirken", "vergotten" und "vernichten" sind deshalb Lieblingsworte Eckharts ...

Volkes" bekennt Meister Eckhart mit seinem größten Meister; dieser Eckhart stellt über alles die Barmherzigkeit (deutsche Predigten, ed. Quint 122 f.). Dieser Rausch der Sprache nährt sich aber auch aus intellektuellen Quellgründen: Meister Eckhart stellt über alles das Erkennen. Da beide "Gründe" in Eckharts Seelengrund nicht zu trennen sind, wird ihm die Predigt selbst zur Spekulation.

 

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