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FRIEDRICH HEER

Meister Eckhart

From Eckhart, Predigten und Schriften, ausgewaehlt und eingeleitet von Fr. Heer, Frankfurt/M-Hamburg 1956


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Time and Creation in Gregory of Nyssa and Meister Eckhart
Time and Creation
In Gregory of Nyssa and
Meister Eckhart

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Mönch und Platoniker lehren und predigen also: Das Irdische ist seinem Wesen nach stofflich, unvollkommen, erleidend, bettelarm; "immer strebt die Materie, die bereits irgendeine Form hat, nach einer anderen". Bei Salomo wird sie daher mit einem buhlerischen Weib verglichen, oder vielmehr beschreibt Salomo (Spr. 5,2-6) die Materie unter dem Bild eines buhlerischen Weibes, wie Maimonides dieses Wort: "ein flatterhaftes, ruheloses Weib" usw. (Spr.7,10) auslegt. "So also ist die Erde wüst und leer" (lat. Werke I,210). Die Materie ist ein Nest, in dem der Mangel sitzt. Die Materie wird an ihrem Mangel erkannt wie der Mensch an seinem Antlitz. Die Materie heißt Abgrund: sie heißt so wegen ihrer Gestaltlosigkeit, Unbegrenztheit, Verworrenheit und Unstetigkeit.Sie kommt unter keiner Form zur Ruhe, sondern trachtet nach Art einer Buhlerin ständig nach einer anderen (ebenda 218). Die Welt ist, insofern sie schwach und unvollkommen ist, wie eine Frau; ebenso ist die Seele eine Frau, insofern sie mit ihren niederen Kräften dieser Welt angehört und ihr verbunden ist (Deutsche Werke I,292). In Eckharts unsentimentale, allen Gefühlsamkeiten ferne, männlich-intellektuelle Mystik dringt hier ein gewisses Ressentiment mönchischer Prägung ein: das Kloster ist ja der Ort der "Reinen", die sich fern halten von der Welt und der verweltlichten Kirche, die Welt, Kirche, Sakramente, die Mittlerdienste anderer Menschen nicht mehr benötigen, da sie den reinen Geist und reinen Gott in der Stille ihrer Abgeschiedenheit in der eigenen Brust suchen und finden. Es gehört mit zur Tragödie Eckharts, daß dieser sprachgewaltigste deutsche Prediger seines Volkes es seinem Berufe und seinen Berufsmöglichkeiten nach direkt nur mit monastischen Kreisen als Publikum zu tun hat, und daher niemals dazu gelangt ist, Seelsorge des Volkes draußen in der Welt zu treiben. Wohl fließt seine Lehre in tausend Rinnsale in das Volk hinaus, sie bleibt aber immer und wesenhaft monastische Seelsorge - und sie erzieht zu einem Frömmigkeitsstil, der die Welt, die Zeit, die konkrete geschichtliche Situation nicht eigentlich bewältigt, sondern übersteigt. Platonische und monastische Spiritualität heben hier die Geschichte auf, sodann den geschichtlichen Christus und konsequent den konkreten Menschen. Verfolgen wir diese drei Stufen eines Prozesses. Eckhart lehrt: In der Natur gehört alles, was der Unvollkommenheit unterliegt, nämlich Werden, Geändertwerden, Verwandeltwerden, Zeit, Körperliches, Teilung, Zerstörung, Zahl, Vieles, Vielheit usw., zu Moses und zum Alten Bund, aber noch nicht zu Christus, zur Wahrheit. Zu ihm gehören Sein, Entstehen, Unwandelbarkeit, Ewigkeit, Einfachheit, Eins, Einheit, Unversehrtheit. (Lat. Werke III,155.) Die Geschichte, und das heißt: die konkrete Zeitsituation, wird als hinfällig eliminiert. Zu dieser Geschichte gehört der geschichtliche Christus. Deshalb erklärt Eckhart in seinem Kommentar zum Evangelium Johannes, der als ein Einführung in die idealistische Philosophie gelesen werden kann - hier wird die Theologie zu der Philosophie -: "All dies, was jetzt von Johannes und Christus gesagt worden ist (im Evangelium), betrifft zunächst Dinge der geschichtlichen Wirklichkeit (res quaedam gesta sunt historica veritate); wir wollen aber darin Wahrheiten der Naturdinge und ihre Eigentümlichkeiten erforschen" (lat. Werke III,119). Und Eckhart gibt gleich anschließend einen langen philosophischen Exkurs über das Wesen der Veränderung (alteratio), der Hegel und Marx interessiert hätte, indem er Johannes den Täufer als Vorläufer und Übergang zu Christus exemplifiziert (inwieweit hier Eckhart vom Denken Joachims von Fiore und seiner franziskanischen Erben beeinflußt ist, müßte erst untersucht werden). Geschichte, Welt, Natur, historischer Christus müssen aufgehoben werden, um dem Menschen die Rückkehr in den reinen Geist, die reine Gottheit zu ermöglichen. Hier sträubt sich aber im Menschen, in der "Kreatur", vieles, fast alles, außer dem göttlichen Funken in der Seele, gegen diese Aufhebung in die reine Gottheit hinein, gegen diese Vernichtung. Und dieses Sichsträuben hat sein Bollwerk in der Liebe des Menschen; Liebe zum Du, Liebe zu den Dingen, Liebe zur Welt, ja auch, wie Eckhart meint, ungeordnete Liebe zu Gott. Da setzt nun Eckhart konsequent zur Überwindung der Liebe an. Der Meister scheut hier vor der größten Kühnheit nicht zurück, da sein eleatisch-platonisches und männlich-mönchisches Denken es fordern: er greift die Liebeskraft des Menschen nicht nur in ihrer Liebe zu den "kleinen Dingen" an, sondern in den beiden Zentren in der Heiligen Schrift: im Hohen Lied und bei Johannes. In seinem Streben, den Menschen in die "nackte Gottheit" zu führen, der die Haut der Güte abgezogen ist, "korrigiert" Eckhart das Hohe Lied der Liebe, das für die europäische Christenheit das Ursymbol der realen Kommunikation zwischen Mensch und Gott und Mensch und Mensch ist: "Freilich die Braut in dem angegebenen Buche sagt: 'Er ist mein, ich bin sein.' Sie hätte aber besser gesagt: 'Er ist für mich nicht da, und ich für ihn nicht.' Denn Gott ist nur für sich selber da, da in allem er ja ist" (vgl. dazu J. Amstutz 64). Die konkrete Liebesbeziehung zwischen Mensch und Mensch und zwischen Mensch und Gott wird hier also aufgehoben, als hinderlich für den Eingang des Menschen in die Gottheit. In einer deutschen Predigt (Nr.7 der Deutschen Werke I, 116 ff.; Pfeiffer Nr. LXXII) korrigiert Eckhart den Evangelisten Johannes und wendet sich offen gegen diesen. Eckhart betont hier, gegen das Wort des Johannes, daß die Liebe niemals die Einigung mit Gott herbeizuführen imstande sei, daß sie allenfalls das, was bereits wesensmäßig geeint sei, zu verleimen, zu verbinden und zuzuheften vermöge; also niedere Handwerksdienste vermag sie zu leisten …

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